Wenn es doch die eigene Entscheidung ist, und man ist erwachsen und entscheidungsfähig, und es geht einem wirklich, wirklich miserabel ohne Aussicht auf Besserung?
In der Debatte wird von Lebensschützern gern argumentiert, schwerkranke und alte Menschen würden mit einer Legalisierung der Sterbehilfe unter Druck gesetzt, sterben wollen zu müssen. Das ist sicher wahr (in Holland ist es so), aber es ist nicht das einzige Argument gegen Sterbehilfe.
Wenn ich beschließe, mich töten zu lassen, mache ich jemand anders zum Vollstrecker, und zwar unabhängig davon, ob er legal oder illegal, als Angestellter oder selbständig, bezahlt oder … nun ja, „ehrenamtlich“ arbeitet. Das ist auch dann moralisch verwerflich, wenn er seine Arbeit mit Überzeugung und professioneller Sicherheit (also wirklich schmerzlos) verrichtet.
Ich gehe davon aus, daß die Tötung eines Menschen dem Täter schadet.
Wenn Sterbehilfe legalisiert wird, findet sie als Kassenleistung statt. Das wird zur Folge haben, daß angestellte Ärzte, zuerst die Palliativmediziner, nur schwer oder gar nicht verhindern können, zur Tötung genötigt zu werden. Die Weigerung, bei der Selbsttötung mitzuwirken, ist dann Arbeitsverweigerung.
Krankenkassen sind Unternehmen (wogegen nichts Grundsätzliches zu sagen ist). Unheilbar Kranke, die voraussichtlich noch eine Weile leben, belasten die Kassen – das ist keine moralische, sondern eine wirtschaftliche Aussage. Der Tod eines Todkranken, der auf intensive Pflege angewiesen ist, ist für die Krankenkasse kostengünstig. Das bedeutet: Wenn Sterbehilfe legalisiert wird, haben große Unternehmen ein Interesse daran, daß von dieser Möglichkeit reger Gebrauch gemacht wird. Ich unterstelle den Kassen nicht, den Tod Schwerkranker zu wollen. Aber ich weiß um die verführende Macht des Geldes. Unternehmen wollen wachsen. Nun ist zwar die Kasse nicht unmittelbar entscheidend, wenn es um eine – sagen wir mal: Behandlungsweise – geht, aber mittelbar schon. Sie kann bestimmte Leistungen verweigern, wenn sie nach Ansicht zahlreicher Ärzte aussichtslos sind.
Und wenn dann das Weiterleben als aussichtslos gesehen wird?
Ich bin sicher, daß ich mir den Tod wünschen werde, wenn ich jemals an Demenz oder einer anderen die Denkfähigkeit beeinträchtigenden unheilbaren Krankheit leide. Wie in einem solchen Fall vorgegangen werden soll, habe ich in meiner Patientenverfügung festgelegt und in den Erläuterungen dazu begründet.
Aber ich möchte auch dann mir selbst, meinen ethischen und religiösen Maßstäben, treu bleiben, und ich hoffe, daß sich dann niemand aus Kostengründen oder Besserwisserei („Ich weiß, daß sie das wünscht“) gegen mein Weiterleben entscheidet.
Nun ist das, was ich selbst für mich wünsche, nicht maßgebend für den Rest der Menschheit. Dennoch sehe ich Sterbehilfe in jedem Fall als falsch an. Ich hoffe, das mit diesen Ausführungen ausreichend begründet zu haben.
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